Rösler & Jauernig 1904 auf dem Grossglockner

28.7.2011 - 3.8. 1156 km


II

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Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904


Salzburg - Kaprun - Grossglockner


Die Ausfallstraße nach Hallein dient uns als Eingangstor für die Berge, es rieselt wieder mal. In den steilen Hängen müssen wir die Maschinen wegen des gewaltigen Kräfteverschleißes ab und zu tauschen. Bei maximaler Belastung scheint der Riemen regelmäßig zu schleifen. Positiv ist immerhin, dass der Motor bei Feuchtigkeit und maximaler Belastung nicht schwächer wird. Peter testet die Passierbarkeit der Tunnels, wir reißen tüchtig Kilometer ab. Bei Bischofshofen verschwinde ich plötzlich aus Peters Blickfeld. Der Ruf „Du fährst bescheuert!“, auf den ich sonst immer blitzschnell mit einem abrupten Wendemanöver reagiere, hilft jetzt nicht mehr. Ein paar Ampeln haben den Abstand zwischen uns so groß werden lassen, dass wir uns (obwohl ich mit den Fußspitzen auf den Fußrasten stehe) eine halbe Stunde lang aus den Augen verlieren. „Wenn es nun schon mal so gut läuft, werde ich doch nicht mitten im Berg anhalten!“ Obwohl ich niemanden hinter mir sehe, fahre ich angestrengt durch die Serpentinen eine Steigung hinauf, und zwar in dem festen Glauben, dass seine BMW mich irgendwann einholen wird. Dann hör’ ich nur noch ein PLOPP – nun hat’s auch diesen Riemen erwischt – gerissen wie der erste, aufgrund der Feuchtigkeit. Ich stelle meiner Javurek an die Leitplanken und warte. Im Sekundentakt höre ich ein charakteristisches Geknattere, das sich unmittelbar darauf aber stets in der Ferne verliert. Ich sage mir: „Ich stehe hier richtig, Peter wird sich wohl verfahren haben, wart’ ich also noch ’ne Weile. Doch es ist, so muss ich mir schließlich eingestehen, genau umgekehrt. Und so fahre ich den ganzen langen Berg, den Trägheitsgesetzen folgend, hinunter in die Stadt bis zum Kreisverkehr, wo Hosta - sicher mit einem ganz schön dicken Hals - früher oder später, ob er will oder nicht, wird vorbeikommen müssen. Am Ende nimmt er’s aber ziemlich sportlich. Als Wiedergutmachung gebe ich ihm für meiner alte Javurek statt eines herkömmlichen Lederriemens „für Sportler“ eine englische Spezialanfertigung (ich nenne sie Micky Mouse). Sie hat eine Siloneinlage, die beidseitig mit einer Lederschicht bezogen ist. Dieser Riemen leiert nie aus.


Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904     Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904


Auf einmal spricht uns jemand von der Seit aus an: „Hej, was macht ihr denn hier?“ Ein Wort gibt das andere, und Peter erfährt zu seinem Erstaunen, dass dieser Mann der Sohn eines bekannten Globetrotters ist, der mit einer Gruppe junger Pioniere in den 60er Jahren die Wüste Sinai durchfahren hatte. Selbstredend, dass er zu Hause Berge von Fotos über Papas Glanztaten gestapelt hat.


Auf den letzten 50 Kilometern bis Kaprun geht es durch tiefe Schluchten mit wolkenverhangenen Berggipfeln. Die Straßen sind nicht selten vierspurig und stark befahren, gar nicht ungefährlich vor allem in den langen Tunnels. Zum Glück war uns in Bischofshofen der Riemen gerissen. Micky Mouse schleift nicht und leiert nicht aus. Erst zu Hause sollte dann wieder ein Eingriff notwendig werden! Das geht allerdings auf Kosten der Romantik. Wie eine Spazierfahrt mit bis zu 40 km/h, niemand hupt und keine verzweifelten Überholmanöver. Punkt fünf sind wir am vereinbarten Ort. Die Jungs (Professor Pavel Pafko, Honza Kralik und Standa Cink) trudeln erst später ein, sie haben es wohl ein bisschen gemächlicher angehen lassen. Der krönende Abschluss dieses Tages kommt dann in einer Kneipe in Form eines Abendessens samt leckerem Bierchen.


Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, Grossglockner      Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904      Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, Grossglockner      Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, BMW R12      Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, BMW R12


Am Morgen nehmen wir vor der Pension abfahrbereit Aufstellung. Ich beneide Standa um seine schöne zeitgenössische Kleidung. Obwohl sie ihm auf dem Dachgepäckträger auch das Veloziped aus Prag mitgebracht hatten, hat er nichts gegen ein Foto einzuwenden und nimmt im Sidecar Platz. Bevor wir die 18 Kilometer zum Ausgangstor der Großglockner-Hochalpenstraße hinter uns gebracht haben, müssen wir dreimal ansetzen, um eine langgezogene 12-%-Steigung zu bezwingen. Daher bleibt der Ersatzkeilriemen ebenso wie die kleineren Keilriemenscheiben vorerst im Rucksack. Wir bezahlen 25 Euro und dann kann’s losgehen. Manchmal nach 500, mitunter auch nach 700 Metern halten wir am Straßenrand, lassen den Motor abkühlen und massieren unsere Waden, ich wechsle mich mit Peter regelmäßig ab. Der Schnee ist schon vor zwei Tagen weggeschmolzen. Und wenn die Sonne dann hin und wieder durch die Wollen lugt, ist es hier wirklich schön. Anfangs können wir mit dem energisch radelnden Honza noch Schritt halten, und einige Male ziehen wir sogar an ihm vorbei – so wie er dann wieder an uns. Doch dann zieht der vor Energie nur so strotzende Professor auf und davon. Rastplätze wie Sand am Meer, und wenn mal keiner da ist, blockiert die BMW die Fahrbahn. Und hat man jemanden zum Anschieben, kann man auch mitten im Berg anfahren. Auch am Sonntag ist an dem Steilhang ganz schön was los, Motorradfahrer testen die Beschleunigungskapazitäten, und offene Kabrios aus den Sechzigern gleiten elegant die Serpentinen entlang.


Grossglockner


Nach drei Stunden erreichen wir glücklich den Gipfel. Die mit ihren modernen Fahrrädern hier hoch kamen, haben das Mittagessen schon lange hinter sich. Und so klatschen wir uns alle gegenseitig ab und stopfen, noch voller Emotionen, Wiener Schnitzel in uns rein. Wir sitzen in einem stilecht eingerichteten Restaurant, Kralik hat hinter seinem Kopf einen borstigen Fuchs, ein Huhn kackt Hosta um ein Haar in den Nacken. Pafko bemüht sich ohne Erfolg, die Leistung der Muskeln in kW umzurechnen. Ein gemeinsames Foto und schon heißt es Abschied nehmen! Sie müssen zurück nach Prag, während für Peter und mich der Urlaub erst jetzt so richtig beginnt. Die 16 Kilometer den Berg hinunter bremsen wir mit dem Motor mit geschlossenem Gas ohne Probleme. Am Nachmittag um drei machen wir unten im Tal ’ne Kaffeepause und planen die weitere Reiseroute. Die Sonne hat den Kampf gegen die Wolken ein für alle mal gewonnen, und so müssen wir nicht lange überlegen: Über Nebenstraßen geht es zu den Schönheiten der Alpen.


Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, Grossglockner  Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904  Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, Grossglockner  Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, BMW R12  Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, BMW R12  Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, Grossglockner  Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904  Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, Grossglockner  Libor Marèík, Rösler Jauernig 1904, Grossglockner

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